Fazit:
Damit geht eine zu Anfang lahmende, jedoch zuletzt spannende Partie mit 2:1 für den FC Barcelona gegen couragierte Gäste aus Sevilla zu Ende. Stück für Stück schienen die Katalanen ihren schüchternen Gast auseinander zu kombinieren, bis Alberto Botía unverhofft die Führung durch eine Standardsituation gelang. Damit ist auch alles über die erste Hälfte gesagt. Nachdem die zweite zunächst genau dort anzuschließen schien, kam mit Tello und den beiden Toren durch Villa und Messi ordentlich Chaos in eine bis dahin mathematische Partie. Das die Führung nicht gehalten werden konnte lag vor allem auch an der Entscheidung Unai Emerys, der seine Mannschaft erst spät durch Wechsel in die Lage versetzte, tatsächlich mit- und gegen Barca zu spielen anstatt nur den Strafraum abzudichten. Nach der Hereinnahme Negredos standen die Gäste zwei- dreimal vor dem Ausgleich, scheiterten nur an dem letzten Quäntchen Glück. Hätte man früher begonnen, mutig und offensiv gegen halbherzige Katalanen aufzuspielen, wäre der Abend vielleicht anders verlaufen. Nun ist es jedoch wieder der FC Barcelona, der mit breiter Brust und noch breiterer Punkteausbeute und der halben Meisterschaft in der Tasche in die beiden anstehenden Clásicos gehen kann.

Drei Minuten werden nachgespielt...

Auf der anderen Seite findet Navas Zugang in den Strafraum, kann aber im letzten Moment von Montoya abgegrätscht werden.

Noch ist das Spiel offen, Torchancen finden auf beiden Seiten statt. Messi setzt im Straum mit einem Querpass Tello in Szene. Der nimmt sich mit der Ballannahme allerdings zu viel Zeit, kann gestellt werden und haut den Ball unter Bedrängnis über das Tor.

Messi hat nochmal eine Freistoßgelegenheit. Etwa fünf Meter vom rechten Strafraumeck entfernt setzt er zu einer Art Flankenschuss an, der den Kopf einer der Gäste rasiert und knapp den linken Pfosten verfehlt. Die Ecke allerdings bringt auch keinen Erfolg.

Gelbe Karte für Alberto Botía (Sevilla FC)

Jordi Roura hat die Gefahr erkannt. Busquets, für Jupp Heynckes neben Schweinsteiger der beste Mittelfeldmann der Welt, soll den drohenden Ausgleich verhindern und die Löcher im Mittelfeld stopfen. Für ihn weicht Torschütze David Villa vom Feld.

Das muss der Ausgleich sein! Negredo bewegt sich bei einem schnellen Angriff genau zwischen den beiden Innenverteidigern hindurch. Diese Schnittstelle bedient Rakitić punktgenau in den Lauf von Negredo. Der hat nur noch den herauseilenden Torwart vor sich und vergibt aber mit seinem starken linken Fuß einen Heber über das Tor.

Die nächste Chance für Sevilla. Die bekommen beim Konter viel Platz im Mittelfeld, so auch Manu del Moral, der es mal beherzt aus 24 Metern mit links versucht. Doch Victor Valdés kann mit einem Hechtsprung den Ball außer Gefahr fausten.

Sevilla hat die Marschroute seines Trainers angenommen. Die Gäste zeigen viel Drang nach vorne. Erst hämmert Kondogbia einen Abpraller aus 25 Metern neben das Tor. Im Anschluss versetzt Rakitić einen Querpass von Navas auch nur knapp neben den Pfosten. Barcelona scheint indes die Offensivbemühungen der Gäste nicht ganz ernst zu nehmen. Außer den Innenverteidigern läuft da nicht viel nach hinten mit.

Fast das 3:1 durch den Weltfußballer. Doch Messis Schuss aus 23 Metern streift knapp über die Latte hinweg.

Erst jetzt reagiert Trainer Unai Emery offensiv. Der hoffnungslose Babá Diawara muss das Feld für Álvaro Negredo räumen.

Tooor für FC Barcelona, 2:1 durch Lionel Messi
Kaum hat Barca einen höheren Gang eingelegt, führt die Kombinationsmaschine auch wieder nach Ergebnis. Thiago ist es, der sich mit dem Ball bis an den Strafraum durchsetzt und dort auf den im Sechzehner postierten Messi abgibt. Der beweis mal wieder all seine Klasse und spielt mit fantastischer Übersicht aus dem Strafraum von etwa sieben Mann umzingelt den Ball über 13 Meter auf den linken Flügel, wo Tello frei steht. Messi läuft sich vor dem Tor frei, bekommt den Ball zurück und staubt aus sieben Metern gegen die Laufrichtung von Beto ab.

Barcelona jetzt mit mehr Zug auf das Tor von Beto. Die Außen spielen die Flanken jetzt früher und mit mehr Risiko in den Strafraum, öfter wird mal der Pass in die Tiefe gesucht. Dadurch ergeben sich natürlich auch mehr Spielanteile für Sevilla.

Eine demütige Reaktion von Unai Emery. Statt seine Offensive zu stärken zieht er den Hut vor Barcas Ansturm und frischt sein defensives Mittelfeld mit dem Franzosen Kondogbia auf. Dafür geht Gary Medel.

Tooor für FC Barcelona, 1:1 durch David Villa
Das Kunstwerk findet ein schnörkelloses Ende. Dani Alves flankt scharf über rechts rein, genau zwischen Tor und Abwehr und in den Lauf von Villa. Der muss nur noch einköpfen und kriegt das trotz seiner 1,75 gegen passive Innenverteidiger gebacken.

Die zweite Hälfte schließt ansonsten nahtlos an die erste an. Barcelona kombiniert sich vor dem Strafraum von Sevilla Gaudische Kirchen während Sevilla eine spanische Backsteinmauer mörtelt.

David Villa hat sich scheinbar im Strafraum weh getan. Oh, doch nicht. Er wollte nur einen Strafstoß schinden. Dann ist ja alles in Ordnung und das Spiel kann weitergehen.

Jordi Roura reagiert auf das Zwischenergebnis. Die zweite Halbzeit beginnt Cristian Tello anstelle von Sánchez.

Halbzeitfazit:
Mit 0:1 gehen die Spieler in die Pause. So unvorhersehbar wie das späte Tor durch Botía in der 42. Minute fiel, so ereignislos und einseitig verlief die Partie in den 41 Minuten davor. Sevilla schien sich völlig seinem Schicksal zu ergeben und nur auf Schadensregulierung aus zu sein. Barcelona beherrschte das Spiel auf dem ganzen Platz, 70% spielten sich gefühlt vor dem Strafraum der Gäste ab. Die Katalanen wirkten jedoch ideenlos und mit der Backsteinwand aus Sevilla fast überfordert. Beinahe so, als würde ein gewisser Kreativmotor, ein Mann namens Xavi heute fehlen. Und so gelang den Gästen dann über eine Standardsituation, was aus dem Spiel heraus unmöglich schien. Das 1:0 bedeutet jedoch auch, dass wir im zweiten Durchgang deutlich mehr Druck von den Hausherren erwarten dürfen, denn eine Niederlage wäre nach diesem Spielverlauf und der Enttäuschung aus der Champions League katastrophal.

Tooor für Sevilla FC, 0:1 durch Alberto Botía
Überraschung! Damit hatte wohl keiner gerechnet: Ex-Schalker Ivan Rakitić schlägt einen Freistoß von der linken Seite weit über Freund und Feind hinweg auf den anderen Flügel, wo sich Coke den Ball mit einer Brustannahme vorlegt und dann direkt weiter in den Strafraum befördert. Dort haben sich im Zuge des Freistoß schon vorausschauend Manu del Moral und Botía postiert. Letzterer setzt sich in der Luft durch und köpft platziert an Victor Valdés vorbei ins Tor.

Iniesta versucht es nochmal über die linke Seite, doch findet seinen Meister in Coke. Mit den beiden Außenverteidigern von Sevilla haben Barcas Außenstürmer heute kein leichtes Spiel.

Es ist ein bisschen wie mit der Mathematik. Auch dort liegt die Schönheit und Eleganz in der Effizienz, mit dem ein Ergebnis motiviert wird. Und wie in der Mathematik wird auch nur das Ergebnis vom heutigen Abend in den Köpfen bleiben.

Noch 10 Minuten sind zu spielen und bislang neutralisieren sich die Offensive von Barca mit der Defensive von Sevilla zu einem fast ereignislosen Ballgeschiebe.

Gelbe Karte für Fernando Navarro (Sevilla FC)
Navarro beschwert sich da zu sehr über die Entscheidung des Schiedsrichters gegen ihn und seinen Kameraden Fazio auf Foul zu entscheiden, nachdem beide Messi in die Zang und zu Fall gebracht haben. Für Meckern gibt's Gelb.

Vor allem der Kameruner Song zeigt eine exzellente Raumdeckung, antizipiert viele Pässe und Laufwege und wirkt daher fast omnipräsent im Mittelfeld.

Eine Situation, die das momentane Spielgeschehen beschreibt: Del Moral bricht der Belagerung Barcas aus, erobert den Ball und schickt Coke über rechts. Der wird allerdings bereits im Mittelfeld abgefangen, da der Konter in der eigenen Mannschaft kaum Unterstützung findet und Thiago und Song im defensiven Mittelfeld kaum zu überwinden sind.

Sevilla gibt sich dagegen demütig. Die meiste Zeit rennt man dem Ball hinterher oder dichtet hinten zu elft ab. Das schreit nach Bestrafung.

Barca zeigt sich sehr geduldig. Findet man keine Lücke spielt die Mannschaft den Ball von einer Seite zur anderen um den Strafraum herum, bis dann doch schließlich Alexis Sánchez die Nerven verliert und fast erfolgreich von 24 Metern einfach mal draufhält. Der Schuss wird zwar abgefälscht, segelt aber gefährlich auf das Tor hinab um dann doch nur auf dem Netz zu landen.

Auf der anderen Seite gelingt Sevilla der erste Angriff. Jesús Navas findet Zugang über die rechte Seite, läuft bis zum Strafraumeck an, zieht nach innen, legt den Ball aber mit der Hacke wieder auf die Flanke. Dort nimmt ihn Coke mit und schlägt den Ball von der Grundlinie mit Wucht flach in den Strafraum. Babá Diawara rutscht nur knapp vorbei, direkt dahinter macht sich Victor Valdés zum ersten Mal schmutzig.

...schlägt den Ball aber mit links direkt in die Mauer.

Fazio holt Sánchez mittig etwa 20 Meter vor seinem Tor von den Beinen. Eine ideale Gelegenheit für die Freistoßkünstler aus Barcelona. Messi tritt an...

Indes nimmt das Spiel wieder die typisch barcalonesken Züge an. Gefühlte 65% Ballbesitz für die Katalanen und noch kein ansatzweiser Angriff der Gäste im Camp Nou.

Messi versucht sich nach einem Konter über einen Doppelpass mit Iniesta durch die Innenverteidigung Sevillas zu bohren. So einfach scheint es nun aber nicht zu gehen.

Erster Eckball für die Katalanen, nachdem ein Querpass von Villa vom Keeper Beto ins Toraus gefangen wird. Die Ecke bringt jedoch keine neuen Schlüsse.

Wieder verliert Sevilla den Ball durch Unachtsamkeit bereits in der eigenen Hälfte. Dieses Mal setzt sich Sanchez durch, doch kann anschließend von Navarro gestoppt werden. Dennoch wirkt Sevilla zu Beginn etwas verunsichert.

Thiago erobert den Ball gegen Rakitic in der Hälfte von Sevilla, passt auf Messi, der nur noch die Abwehrreihe der Gäste vor sich sieht. Ein Blick über die Schulter eröffnet ihm Iniestas Laufweg in den Strafraum und den Pass schiebt er perfekt an der Innenverteidigung vorbei. Iniesta lässt per Körpertäuschung Fazio aussteigen und scheitert aber mit einem Schuss aus dem Stand am Block von Alberto Botía. Da fehlte schon nicht viel.

Kaum kommt der FC Barcelona in Ballbesitz, versuchen sie den Gegner langsam über ein breites Kombinationsspiel in die eigene Hälfte zu zwingen. Und gerade im Kombinationsspiel auf engem Raum ist ihnen kaum jemand gewachsen.

Die Mannschaften betreten das Feld. Barca tritt wie üblich im 4-3-3 an, Sevilla etwas defensiver im 4-2-3-1.

Das Stadion füllt sich langsam. Trotz eisiger Temperaturen finden sich in Barcelona doch immer ausreichend viele Schönwetterfans, einen ruhigen Tiki-Taka-Abend mit garantiertem Happy End zu verleben. Randvoll ist es in Camp Nou dennoch nicht.

Namhaft vermisst wird bei den Gästen in der Startformation nur Álvaro Negredo. Der umworbene Toptorjäger von Unai Emery sitzt zunächst nur auf der Bank. Der deutsche Legionär Piotr Trochowski befindet sich nach einer Operation am Knorpelgewebe noch in der Reha.

Vorerst verzichten wird Vilanovas Assistent allem Anschein nach jedoch auf Barcelonas Großhirn Xavi, während Kleinhirn Iniesta, den unter anderem Arsène Wenger für den eigentlichen Weltfußballer hält, heute mit von der Partie ist.

Auch heute erwarten viele einen Sieg des augenscheinlich übermächtigen Gastgebers. Ein großes Stück dieser Erwartungen dürfte auf den doch relativ mickrigen Schultern Lionel Messis lasten. Mit 37 Toren und 11 Vorlagen in dieser Saison ist er für mehr Tore verantwortlich gewesen als die gesamte Mannschaft des FC Sevilla zusammen.

Das katalanische Fußballsystem erweist sich damit offenbar als äußerst krisenresistent und benutzerfreundlich. Erst in dieser Saison übernahm Tito Vilanova das Steuer als Trainer in Barcelona, bis er durch ein Krebsleiden sein Amt vorübergehend in die Hände seines Assistenztrainers Jordi Roura übergeben musste. Dem Erfolgslauf des FCB tat dies jedoch keinen Abbruch.

Im Gesamtbild bleibt dem FC Barcelona gegenwärtig genug Raum, sich in der Liga das ein oder andere Missgeschick zu leisten. Satte zwölf Punkte trennen den designierten Meister vom Zweitplatzierten Atletico Madrid. Erzfeind Real hat man mit 16 Punkten Vorsprung auf Rang Drei schon so gut wie abgehängt.

Eine gute Gelegenheit für den FC Sevilla, sich für das vermasselte Hinspiel zu revanchieren. Derzeit gab man eine 2:0 Führung aus der Hand und verlor letztlich doch noch mit 2:3 gegen den katalanischen Koloss.

Dennoch hat der FC Barcelona auch seine Wunden zu lecken. In der Champions League setzte es in der Woche eine 0:2 Niederlage gegen den AC Mailand. Eine denkbar ungünstige Ausgangsposition für ein Achtelfinalrückspiel.

Der spanische Tabellenführer gegen den weit abgeschlagenen Achten: 29 Punkte trennen die beiden Gegner nach 24 Ligaspielen. Während der FC Barcelona in dieser Saison wieder beinah unbesiegbar scheint, bleibt der FC Sevilla unter seinen Möglichkeiten, besetzt man doch zur Zeit nicht einmal einen internationalen Startplatz.